Kontingente im Jugendgemeinderat: Demokratisch fragwürdig

Dieser Leserbrief von unserem Kreisvorsitzenden Henry Lam erschien am 19. Mai 2018 in der Samstag Ausgabe der Pforzheimer Zeitung und des Pforzheimer Kuriers.


Der Jugendgemeinderat führt also jetzt Kontingente für Schularten und eventuell sogar eine „Negativquote“ bei der nächsten Wahl ein. Begründung: Die Jugendgemeinderatssitze sollen „gerechter“ verteilt werden. Was für ein tolles Demokratieverständnis. Wenn das Wahlergebnis nicht passt, muss es halt angepasst werden!

Um es klar zu sagen: Das Ziel, dass der Jugendgemeinderat die Jugendliche besser wiederspiegeln soll, ist richtig und wichtig. Schade aber, dass wie so häufig in der Politik immer zuerst nach den scheinbar einfachen, aber im genaueren Hinsehen nicht effektiven Instrumenten gegriffen wird. Statt kritisch zu hinterfragen, warum bei einer Wahlbeteiligung von nur 7,4% der Jugendgemeinderat als Beteiligungsmodell von den Jugendlichen bisher nicht angenommen wird (es gibt auch andere Jugendbeteiligungsmodelle) oder die Kommunikation mit den Jugendlichen zu verbessern, muss alles staatlich reglementiert und reguliert werden.

Die eigene Wahlordnung und demokratische Grundsätze werden dabei völlig missachtet: Gleich in §1 der Wahlordnung heißt es, dass der Jugendgemeinderat in gleicher Wahl gewählt wird. Künftig werden die Stimmen aber nicht mehr gleich viel wert sein. Das Wahlverfahren wird dadurch völlig undurchschaubar und intransparent.

Ich habe mir mal die Mühe gemacht zu überprüfen, was das für die Jugendgemeinderatswahl 2016 bedeutet hätte: Vier der damals gewählten Jugendlichen, die genügend Wählerstimmen erhielten, wäre der Einzug in das Gremium verwehrt geblieben, weil sie ein Gymnasium besuchen. Ihr Mandat wäre stattdessen an diejenigen gegangen, die leider weniger Stimmen erhielten, aber eine (Werk-)Realschule besuchten.

Auch wenn dies schade ist: Dies nennt man eine demokratische Wahl.